„Wer erwachen will, muss schlafen.“
Übersicht
Schlaf ist weit mehr als nur eine nächtliche Erholungspause. Er beeinflusst, wie wir fühlen, denken, handeln und wie wir leben. In der positiven Psychologie wird Schlaf als bedeutender Baustein für Wohlbefinden, Resilienz und persönliche Entwicklung betrachtet. Wer gut schläft, ist oft ausgeglichener, optimistischer und selbstwirksamer. Schlaf hilft uns dabei, Herausforderungen gelassener zu begegnen, stärkt unser Gedächtnis, unsere sozialen Beziehungen und sogar unser Immunsystem. In diesem Beitrag erfahren Sie, was sich während des Schlafes im Körper und Geist abspielt, welche psychologischen Ressourcen den Schlaf fördern und wie Schlaf wiederum unsere psychische Gesundheit unterstützt. Dabei geht es nicht nur um Schlafphasen und Träume, sondern beispielsweise auch um Rituale wie Dankbarkeit, das Erleben von Flow oder die Rolle von Optimismus.
Was bedeutet es zu schlafen?
Was geschieht mit uns, wenn wir schlafen? Ist es ein Zustand der Abwesenheit oder vielleicht der intensivsten inneren Aktivität? Der Schlaf birgt viele Geheimnisse: vom ruhigen Dahingleiten durch Schlafphasen bis hin zu den lebhaften Bildern unserer Träume oder speziellen Verhaltensweisen, die manche von uns nachts zeigen. Im Folgenden soll näher darauf eingegangen werden, aus welchen Phasen unser Schlaf besteht, was Träume sind und welche Auffälligkeiten sich während des Schlafes ergeben können.
Schlafphasen
Unser Schlaf besteht aus vier Schlafphasen, welche durchlaufen werden. Dabei kann der Schlaf in den REM (rapid-eye-movement) - Schlaf und in den Non-REM-Schlaf eingeteilt werden. Der REM-Schlaf wird auch als Traumschlaf bezeichnet, bei welchem hinter den geschlossenen Augenliedern schnelle Augenbewegungen stattfinden. Genauso aktiv wie unsere Augäpfel ist in dieser aktiven Traumphase, ebenfalls das Gehirn. Die REM-Phase ist einer der vier Schlafphasen, wobei die anderen drei Schlafphasen sich im Non-REM-Schlaf abspielen. Diese drei Phasen sind die Einschlafphase und die Leicht- oder Tiefschlafphase. Für die Erholung des Körpers ist die Non-REM-Phase vor allem wichtig, insbesondere die Tiefschlafphase. Während jemand einschläft, wiederholen sich die Schlafphasen immer in der gleichen Reihenfolge. Zuerst kommt die Einschlafphase, danach der Leichtschlaf, im Folgenden ein Tiefschlaf und schlussendlich die REM-Phase. Bemerkenswert ist, dass der Durchgang der einzelnen Phasen gerade einmal 90 Minuten dauert. In einer Nacht, in welcher acht Stunden geschlafen wird, wird daher die REM-Phase öfter wiederholt, wo verschiedene Träume erlebt werden können. Nach den acht Stunden oder mehr, in welchen Sie geschlafen haben, werden die Phasen immer kürzer und Sie werden munter [2].
„Unser Bett ist der bequemste Ort, denn ein halbes Leben verbringen wir dort.“
Träume
Auf die Träume, welche in der REM-Phase stattfinden, soll im Weiteren eingegangen werden. Hier ähnelt die Gehirnaktivität dem Wachsein, während der Körper tief entspannt ist, weshalb diese Phase auch als paradoxer Schlaf bezeichnet wird. An ein kurzes Aufwachen in der Phase, was häufig stattfindet, können Sie sich am nächsten Tag nicht erinnern. In der Regel dauern Träume zehn bis fünfundvierzig Minuten, wobei die Traumdauer während der Nacht zunimmt. Gehirnregionen, welche während dem Träumen aktiv sind, werden mit Emotionen in Verbindung gebracht. Zentren für Logik spielen hier weniger eine Rolle. Was jedem bekannt sein dürfte sind die Sinneswahrnehmungen während des Schlafes. Sie können hier riechen, schmecken, sehen und hören, in Bezug auf das, was Sie im Traum erleben. Ebenso werden sie von körperlichen und seelischen Empfindungen durch den Traum begleitet. In der Psychotherapie wurde Träumen einst viel Bedeutung beigemessen. Beispielsweise die Traumdeutung von Sigmund Freund, ist heute wissenschaftlich jedoch nicht mehr haltbar, da Verallgemeinerungen von Trauminhalten nicht auf jeden Menschen und jeden Traum anwendbar sind. Dennoch können Sie über sich selbst etwas lernen oder Träume für Kreativität nutzen. Hierzu können Sie ein Traumtagebuch führen, welches Sie am besten noch vor dem Aufstehen mit Stift griffbereit haben. Sie können Ihre Träume regelmäßig aufschreiben und erinnern sich dadurch später besser daran [3].
„Denken ist die Arbeit des Intellekts, Träumen sein Vergnügen.“
Das Positive an Albträumen
Während eines Traumes kann es gut vorkommen, dass dieser zu einem Albtraum wird, was niemand gerne hat. Dennoch gibt es positive Aspekte an dem Erleben eines nächtlichen Horrors. Diese positiven Seiten zeigen sich vor allem beim Angsterleben in der Realität. Wissenschaftler aus Genf haben zwei Studien zu diesem Thema durchgeführt. Ihr Ziel war es zu untersuchen, wie das Erleben von Angst im Traum mit der Reaktion auf Bedrohungen im Wachzustand zusammenhängt. Probanden wurden dabei mittels EEG (Elektroenzephalografie) und MRT (Magnetresonanztomografie) untersucht. Dabei wurden die Träume mit dem EEG und die Reaktion im wachen Zustand mit dem MRT kontrolliert. Es zeigte sich ein starker Zusammenhang, wobei Personen mit Albträumen weniger Reaktion auf bedrohliche Bilder im Wachzustand zeigten. Die Albträume hatten als eine Art Training gewirkt, welches eine Vorbereitung auf reale Situationen war. Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Albtraum gut für uns ist. Es gibt eine Schwelle an Angst in den Träumen, die nicht überschritten werden sollte, da dies ansonsten die Qualität des Schlafes und die Emotionen im Wachzustand negativ beeinflussen könnte. Insofern Sie sich durch ihre Träume nicht zu sehr belastet fühlen, helfen Ihnen Albträume bei der Regulierung von schwierigen Emotionen [4].
Schlafwandeln und Sprechen während des Schlafes
Neben Träumen ist eine weitere Auffälligkeit während des Schlafens, welche nicht jedem widerfährt, das Schlafwandeln. Dieses entsteht während der Tiefschlafphase. Betroffene haben die Augen geöffnet und bewegen sich ohne Bewusstseinsklarheit fort. Wahrscheinlich ist es, dass Schlafwandeln nur Sekunden bis Minuten dauert und nur selten länger. Denkbar sind hier Handlungen wie sich Aufzurichten, ein Umherblicken, das Kissen richten oder mit der Bettdecke zu spielen. Es gibt aber Fälle, bei denen Menschen sinnvolle Handlungen ausführen wollen, wie das Haus zu säubern, Auto zu fahren oder ein Essen zuzubereiten. Ansprechbar sind Schlafwandelnde nicht und sie können sich bei Aufweckversuchen zur Wehr setzen. Schlafwandeln ist bei Erwachsenen selten. Bei Kindern haben mindestens 15-30% eine Schlafwandelepisode. Jedoch bleibt das Schlafwandeln nur bei 1% der Betroffenen auch im Erwachsenenalter bestehen. Früher lebten Menschen im Glauben, dass der Mond für das Schlafwandeln verantwortlich wäre. Heute wird ein Weckreiz angenommen, welcher dazu führen kann, dass das Gehirn nicht vollständig erwacht ist. Nachdem ein Mensch während des Schlafes auffällige Verhaltensweise gezeigt hat, tritt im Nachhinein eine Art Amnesie auf, wodurch sich Betroffene nicht ans Schlafwandeln erinnern. Da Schlafwandeln gefährlich werden kann, da Menschen sich dabei nicht selten verletzen, sollte es behandelt werden. Bei dieser Behandlung geht es darum, körperliche und geistige Anspannung zu reduzieren und den Schlafrhythmus zu normalisieren. Hierbei werden Gefahrenquellen so gut wie möglich reduziert, während Schlafdefizite vermieden werden sollten. Alles was eine Störung des Schlafrhythmus provozieren könnte, sollte zusätzlich reduziert werden. Neben Hilfe durch eine Psychotherapie, können folgende nützliche Entspannungsverfahren erlernt werden: Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation, Atemübungen, Yoga oder Meditation. Diese helfen nicht nur bei Problemen mit Schlafwandeln, sondern ebenso sind allgemein förderlich für einen guten Schlaf [5].
Eine einfache Meditation zum Einstieg (Bodyscan)
Weiters gibt es die Somniloquie, bei der während des Schlafens gesprochen wird. Hier bekommen Menschen, wie beim Träumen, nichts davon mit und werden lediglich durch ihre Mitmenschen darauf aufmerksam gemacht. Wie sich das bei den Betroffenen äußert, ist sehr individuell. Manche führen richtige Konversationen, andere geben undeutliche Laute von sich oder äußern Kraftausdrücke. Ähnlich wie beim Schlafwandeln, gibt es beim Schlafsprechen eine genetische Komponente, die neben Stress oder Drogenkonsum, als Auslöser betrachtet werden kann. Schlafsprechen kann zu Problemen führen, wenn Sachen geäußert werden im Schlaf, die herabwürdigend gegenüber der Person sind, welche mit Ihnen im Bett schläft. Es könnte sich um einen Namen handeln, in Verbindung mit einer Beleidigung. Sicher können da Konflikte dahinterstecken, welche im Wachzustand nicht angesprochen werden. Jedoch könnte es sich mitunter um sinnlose Sachen handeln, welche keinerlei Bedeutung haben. Solange das Schlafsprechen nicht zu zwischenmenschlichen Konflikten führt, stört es die Betroffenen nicht weiter. Bei Behandlungsbedarf wird gleich wie beim Schlafwandeln vorgegangen. Hier zeigt sich ebenso die lindernde Wirkung von Entspannungsübungen [6].
Kulturelle und gesellschaftliche Aspekte des Schlafes
Des Weiteren gibt es Unterschiede im Schlafverhalten zwischen den verschiedenen Kulturen auf der Welt. Diese Unterschiede betreffen die Schlafdauer, den Schlafrhythmus und die Schlafumgebung. Geprägt wird der Schlaf von dem Umfeld, dem Klima, dem Wohlstand und der Religion. In asiatischen und afrikanischen Ländern ist der Nachtschlaf kürzer, weswegen tagsüber länger geschlafen wird. Nicht überall schlafen die Eltern im gemeinsamen Bett, während die Kinder in einem anderen Zimmer untergebracht werden. Manche Religionen schreiben eine Trennung von Mann und Frau während der Nacht vor. Oft schläft die ganze Familie in einem Bett oder im gleichen Zimmer. Das Familienbett, wie auch Powernapping am Tag, wird in westlichen Ländern beliebter. Zum Thema Powernapping erfahren Sie im nächsten Absatz mehr [17].
Powernapping
Wenn Sie unter Schlafstörungen leiden, wird gerne empfohlen auf mehrere Schläfchen am Tag zu verzichten. Im Gegensatz dazu gibt es die Theorie, dass sogenanntes „Powernapping“ Kraft spenden kann. Wichtig daran ist, die Dauer des „Nappings“ nicht zu überschreiten. Länger als 20 Minuten sollte es nicht dauern, weil danach die Tiefschlafphase beginnt. In dieser Phase fällt das Aufstehen schwerer. Empfehlenswert ist hierbei, den richtigen Zeitpunkt dafür zu wählen und nicht mehr als einmal zu schlafen. Zu früh oder zu spät kann kontraproduktiv wirken und den Schlafrhythmus stören. Nach sechzehn Uhr sollte es vermieden werden, Powernapping zu machen. Die Mittagszeit bietet sich dafür am besten an. Ebenso hilft es beim Powernapping, wenn es möglich ist, Dunkelheit zu schaffen oder entspannende Musik oder Stille zu suchen. Natürlich sollten sie dabei bequem sitzen oder liegen, auf die richtige Temperatur achten und sich einen Wecker stellen, um die Aufstehtzeit nicht zu verpassen. Weiters können Sie ihren Kreislauf nach dem Aufstehen damit anregen, indem Sie etwas kaltes Wasser ins Gesicht spritzen, kaltes Wasser oder Zitronensaft trinken, Stiegen steigen, sich dem Sonnenlicht aussetzen oder sich strecken und dehnen [12].
Schlaf steht mit vielen psychischen Eigenschaften eines Menschen in Verbindung. Es gibt hier oft Zusammenhänge, wo Schlaf von einem anderen Merkmal abhängt, während dieses Merkmal den Schlaf wiederrum beeinflusst. Zu diesen Merkmalen, zählen beispielsweise Stress, Optimismus oder Dankbarkeit. Im Folgenden wird auf einige dieser Eigenschaften eingegangen.
Schlaf, Optimismus und Selbstwirksamkeit
Eine Studie der Universität Bielefeld untersuchte im Kontext der COVID-19-Pandemie den Zusammenhang zwischen Schlafproblemen, Stress und Ressourcen wie Optimismus und Selbstwirksamkeit. Über 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter von 16 bis 79 Jahren nahmen an einer Online-Befragung teil. Erfasst wurden unter anderem der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) zur Einschätzung der Schlafqualität sowie der Life-Orientation-Test-Revised (LOT-R) zur Erfassung von Optimismus. Die Teilnehmenden wurden auf Grundlage des PSQI in schlafgestörte und schlafgesunde Gruppen eingeteilt. Die Ergebnisse zeigten signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Personen mit Schlafproblemen berichteten deutlich niedrigere Werte an Optimismus im Vergleich zu schlafgesunden Teilnehmenden. Zusätzlich zeigten sie geringere Werte in allgemeiner sowie schlafbezogener Selbstwirksamkeit und einen höheren COVID-19-bezogenen Stress. Die Befunde deuten darauf hin, dass psychologische Ressourcen wie Optimismus eine wichtige Rolle bei der Schlafgesundheit spielen [7]. Optimismus hat viele Vorteile. Optimisten leben länger und haben beispielsweise ein geringeres Risiko chronisch krank zu werden. Die gesunden Auswirkungen des Optimismus könnten mit dem besseren Schlaf zusammenhängen. Das zeigt die Studie der Abteilung für Epidemiologie der Medizinischen Universität Wien. Optimistische Personen leiden hierbei um 70 Prozent weniger wahrscheinlich an einer Schlafstörung. Optimismus hängt zudem mit einem allgemein gesünderen Lebensstil, wie mit einer besseren Problembewältigung, zusammen [14]. Selbstwirksamkeit ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dieses Vertrauen spielt für den Schlaf eine Rolle. Wenn Sie länger und tiefer schlafen, steigt damit, neben ihrer Resilienz, Energie und Konzentration, ihr Selbstwirksamkeitserleben [16]. Wenn Sie mehr über Selbstwirksamkeit lesen wollen, klicken Sie hier.
Dankbarkeit als abendliches Ritual
Für einen guten Schlaf ist es empfehlenswert, Dankbarkeit als abendliches Ritual anzuwenden. Dankbarkeit zu kultivieren ist nicht nur tagsüber förderlich für das Glück, sondern kann ebenso vor dem Schlafengehen Wirkung zeigen. Wenn Sie abends im Bett liegen, können Sie den Tag Revue passieren lassen, während sie an drei bis fünf Aspekte denken, für die Sie, in Bezug auf den vergangenen Tag, dankbar sein können. Es gibt eine Studie von Emmons und McCullough mit Menschen mit neuromuskulären Störungen. Es zeige sich, dass die Probanden/Probandinnen hierbei besser schliefen, nachdem sie drei Wochen lang am Abend eine Liste erstellt haben, mit Dingen, für welche sie dankbar waren. Dankbarkeit kann als Gegengewicht zu den Sorgen betrachtet werden, welche nachts, wenn Sie zur Ruhe kommen wollen, hochkommen können. Möglich ist, dass Sie die Dankbarkeit eine Weile trainieren müssen, bevor sich ihre Wirkung zeigt. Das heißt, dass Sie nicht sofort entspannt und ruhig sein werden, weil Sie ein paar Nächte vor dem Schlafengehen Dankbarkeit praktiziert haben. Dabei geht es nicht darum, Dinge schönzureden, sondern die Konzentration bewusst auf die guten Dinge oder Gegebenheiten im eigenen Leben zu lenken. Neben einem besseren Schlaf senkt dies nachweislich den chronischen Stress, den Blutdruck und es beruhigt den Herzrhythmus [18].
Flow-Erleben, Lebenssinn und Schlaf
Weiters besteht ein Zusammenhang zwischen unserem Schlaf, dem Sinn, welchen wir in unserem Leben sehen und dem Flow-Erleben. Schlafmangel sorgt dafür, dass wir weniger geistig klar oder emotional ausgeglichen sind. Da unsere Konzentration und unsere emotionale Stabilität hier beeinträchtigt sind, fällt es deutlich schwerer, an unserer Arbeit Freude zu finden. Guter Schlaf kann also als Grundlage für Flow- Erfahrungen betrachtet werden, welche uns weiters dazu verhelfen können, mehr Sinn in unserem Leben zu finden. Schließlich geht es beim Flow-Erleben darum hochkonzentriert und fokussiert in unserer Arbeit aufzugehen, während wir die Vergangenheit und Zukunft schon einmal vergessen können [19]. Hier erfahren Sie mehr über den Flow-Zustand.
„Gebt den Leuten mehr Schlaf – und sie werden wacher sein, wenn sie wach sind.“
Schlaf für den Körper
Ein gesunder Schlaf hat einige vorteilhafte Effekte für unseren Körper, auf welche im Folgenden näher eingegangen werden soll. Unser Schlaf dient vor allem der Regeneration. So regenerieren sich mitunter neuronale Netze während des Schlafens. Das liegt daran, dass vor allem in der ersten Nachthälfte Wachstumshormone ausgeschüttet werden, welche nicht nur zu Wachstum, sondern mitunter zu Regeneration verhelfen. In der ersten Nachthälfte läuft ebenso der Stoffwechsel höher, wo Energiespeicher aufgefüllt und neue Proteine gebildet werden. In dieser Zeit werden Stoffwechselabbauprodukte aus dem Gehirn abtransportiert. Ebenso wie das Gehirn, regenerieren sich hier Knochen, Muskeln und innere Organe. Der Blutdruck und die Herzschlagfolge werden während des Schlafens niedriger, wobei beides in der REM-Phase wieder höher wird. Zudem hat Schlaf einen positiven Effekt auf das Immunsystem. Die Abwehr steigert sich hierbei durch eine erhöhte Anwesenheit von natürlichen Killerzellen, Antikörpern und speziellen Abwehrzellen im Blut. Hier kann ebenso angemerkt werden, dass ein schlechter körperlicher Zustand den Schlaf negativ beeinflussen kann [8].
Schlaf und Stressbewältigung
Des Weiteren gibt es einen Zusammenhang zwischen Stress und Schlaf. Stresshormone werden für gewöhnlich erst dann ausgeschüttet, wenn der Körper sich zum Aufwachen vorbereitet [8]. Jedoch kann sich Stress, ausgelöst durch externe Faktoren, negativ auf die Ausschüttung dieser Hormone auswirken. Zu den Stressoren, welche wachhalten, zählen vor allem familiärer Druck, Verantwortlichkeiten, arbeitsbezogene Sorgen, Ängste, Depressionen und finanzieller Druck. Wer weniger unter Stress leidet, hat hier eine größere Schlafeffizienz, in welcher er oder sie sich regenerieren kann. Da Stress dazu führt, dass vermehrt Cortisol ausgeschüttet wird, steigt dadurch die Wachsamkeit, Aufmerksamkeit, die Herzfrequenz und der Blutdruck. Bei einer guten Stressbewältigung sinkt der Cortisolspiegel, wenn sich der Abend nähert. Durch das Hormon Cortisol wird zudem die Freisetzung von Melatonin behindert, was für die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig ist. Weiters verringert sich durch Stress die Leicht- und Tiefschlafphase, während die REM-Phase länger dauert. Durch dieses Ungleichgewicht der Schlafphasen kann es zu Tagesmüdigkeit und Erschöpfung kommen. Paradoxerweise ist gerade Schlaf ein Mittel zur Stresslinderung. Wer besser schläft, kann besser mit Stress umgehen. Stress und Schlaf beeinflussen sich sozusagen gegenseitig. Ein guter Schlaf führt zu einer besseren Stressbewältigung, wobei eine gute Stressbewältigung ebenso den Schlaf verbessert. Empfehlenswert bei Schlafproblemen ist es daher, sich mit der eigenen Stressbewältigung und mit der Entspannung vor dem Schlafengehen zu beschäftigen [9].
Folgenden Rituale können, neben Entspannungsübungen, zu einem besseren Entspannen vor dem Schlafengehen führen:
Wie guter Schlaf unsere emotionale Stärke fördert
Schlaf spielt eine zentrale Rolle für die Emotionsregulation. Emotionsregulation beschreibt die Prozesse, durch die wir unsere emotionalen Zustände beeinflussen, um sie an bestimmte Situationen anzupassen. Zwei häufig untersuchte Strategien sind die kognitive Neubewertung und die expressive Unterdrückung. Studien zeigen, dass insbesondere die kognitive Neubewertung durch Schlafmangel beeinträchtigt wird. Personen, die weniger schlafen, zeigen eine reduzierte Fähigkeit, emotionale Reize neu zu interpretieren. Dies ist verbunden mit einer verminderten Aktivität im präfrontalen Kortex, einem Hirnareal, das für die Regulation von Emotionen zuständig ist. Gleichzeitig ist bei Schlafentzug eine erhöhte Reaktivität der Amygdala zu beobachten, was auf eine gesteigerte emotionale Empfindlichkeit hindeutet. Darüber hinaus führt schlechter Schlaf zu stärkeren negativen emotionalen Reaktionen auf alltägliche Belastungen. Personen mit Schlafmangel berichten von einer insgesamt schlechteren Stimmung, mehr Angst und größerer Reizbarkeit. Sie zeigen ebenso eine größere Tendenz zum Grübeln. Experimente belegen zudem, dass schlechter Schlaf mit einer verminderten Fähigkeit zur Selbstkontrolle einhergeht, was wiederum die emotionale Reizbarkeit erhöhen kann. Schlafentzug beeinträchtigt ebenfalls die Aufmerksamkeit, was sich negativ auf die Fähigkeit auswirkt, emotionale Informationen zu verarbeiten und angemessen darauf zu reagieren. Umgekehrt kann emotionale Belastung den Schlaf negativ beeinflussen. Wie bei Stress, beeinflussen sich unser Schlaf und unsere Emotionsregulation gegenseitig. Das heißt, dass bei weniger Stress und besserer Emotionsregulation, unser Schlaf besser funktioniert, obwohl der gute Schlaf wiederrum zu weniger Stress und einer besseren Kontrolle über die eigenen Gefühle verhilft [10].
Guter Schlaf für ein gutes Gedächtnis
Die förderliche Wirkung des Schlafes auf die Gedächtnisleistung wird von Forschern seit mehr als hundert Jahren beschrieben. Während dem Schlafen werden Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis übertragen, was die Konsolidierungshypothese besagt. Dabei geht es darum, wie störanfällig und labil neue Gedächtnisinhalte zu Beginn sind, welche erst gefestigt werden müssen. Neben der positiven Wirkung auf die allgemeine Gedächtnisleistung, hat sich gezeigt, wie sinnlose Silben, welche vor einer Schlafperiode dargeboten wurden, danach besser erinnert werden konnten. Diese Silben konnten ohne einer darauffolgenden Schlafperiode weniger gut erinnert werden. Als Grund dafür wurde die Inferenztheorie des Vergessens genannt. Bei dieser geht es darum, wie äußere Einflüsse während dem Wachsein das Erinnern stören. Während einer Schlafperiode treten solche Störungen nicht auf. Besonders wichtig für das Behalten von Informationen ist hierbei der REM-Schlaf. Zudem ist ein Durchschlafen förderlicher für das Gedächtnis, ohne einem häufigen Geweckt-werden. Des Weiteren kann gesagt werden, dass sich ein gesunder Schlafrhythmus langfristig positiv auf Ihre Lernfähigkeit auswirkt [1].
Schlaf und soziale Prozesse
Die Forschung zeigt zunehmend, dass zwischen Schlaf und sozialen Prozessen Zusammenhänge bestehen. Schlafqualität beeinflusst, wie Menschen mit ihrer sozialen Umwelt interagieren, während umgekehrt soziale Erfahrungen den Schlaf beeinflussen. In engen Beziehungen zeigt sich, dass das Teilen eines Bettes sowohl zu mehr nächtlicher Bewegung als auch zu subjektiv besserem Schlaf führen kann. Paare mit aufeinander abgestimmten Schlafmustern berichten von höherer Beziehungszufriedenheit und weniger Konflikten. Konflikte mit dem Partner beeinträchtigen den Schlaf, schlechter Schlaf wiederum führt zu mehr Konflikten am Folgetag. Einsamkeit steht mit fragmentiertem und schlechterem Schlaf sowie vermehrter Tagesmüdigkeit in Zusammenhang. Menschen, die Schlafentzug erleiden, zeigen mehr sozialen Rückzug und halten physischen Abstand zu anderen. Darüber hinaus wirken sich Schlafprobleme des Partners negativ auf die Beziehung aus. Videos von schlaflosen Personen rufen bei Betrachtenden Gefühle von Einsamkeit hervor und senken deren Bereitschaft zur Interaktion. Schlechter Schlaf steht ebenfalls in Verbindung mit verstärkter Wut, Aggression und reaktiver Gewalt. Soziale Ablehnung am Abend beeinträchtigt die Schlafdauer, insbesondere bei Personen mit hoher Neigung zum Grübeln. Umgekehrt führt schlechter Schlaf zu stärkerer physiologischer Reaktion auf soziale Ablehnung. Schlafmangel verändert die Gehirnaktivität bei der Verarbeitung emotionaler Reize. Ebenso die Personenwahrnehmung leidet unter Schlafmangel: Emotionen anderer werden schlechter erkannt, Führungskräfte erscheinen weniger charismatisch und die Stereotypisierung anderer Personen nimmt zu. Diskriminierung ist mit objektiv und subjektiv gestörtem Schlaf assoziiert. Mechanismen wie reduzierte Selbstregulation, verminderte Aufmerksamkeit und autonome Erregung werden als verbindende Faktoren diskutiert. Hier zeigt sich also wieder eine gegenseitige Abhängigkeit, diesmal zwischen Schlaf und dem sozialen Geschehen, wo sich alles gegenseitig beeinflusst [10]. Wenn Sie mehr über das Geheimnis guter Beziehungen lesen wollen, schauen Sie hier vorbei.
Schlafhygiene
Um einen gesunden Schlaf zu erreichen, helfen gewissen Gewohnheiten oder Umstände. Eine konsequente Befolgung folgender Regeln kann Abhilfe, vor allem bei leichteren Formen von Schlafstörungen, verschaffen.
Schlaf und Achtsamkeit
Achtsamkeit kann für einen besseren Schlaf sorgen. Dennoch sollte abgeklärt werden, ob eine potenzielle Schlafstörung körperliche Ursachen haben könnte oder ob spezielle Lebensumstände schuld sein könnten. Da es nichts bringt, sich selbst zum Schlafen zwingen zu wollen, wird in der Achtsamkeitspraxis der Kampf gegen das Nichtschlafenkönnen erstmal beendet. Der Wunsch, den eigenen Schlaf kontrollieren zu wollen, wirkt hier kontraproduktiv, da es beim Schlafen ums Loslassen geht. Der gegenwärtige Zustand sollte achtsam akzeptiert werden, es sollte nichts angestrebt und alle Versuche, endlich einzuschlafen, unterlassen werden. Dem Willen, sofort einschlafen zu wollen, wird hier Gelassenheit entgegengesetzt. Auf diese Weise sinkt der innere Druck, schlafen zu müssen. Neben Entspannungsmethoden wirkt das entkrampfend und löst positive Gefühle aus, um sich auf achtsame Weise von einem „schlafen müssen“ zu befreien [20]. Auf dieser Seite können Sie mehr über Achtsamkeit erfahren.
Fazit
Schlaf ist kein Luxus, sondern eine essenzielle Kraftquelle. Er unterstützt unsere emotionale Balance, unser Denken, unsere Beziehungen und unser Wachstum als Mensch. Die Erkenntnisse aus der positiven Psychologie zeigen: Wer gut schläft, lebt nicht nur gesünder, sondern auch glücklicher. Dankbarkeit, Optimismus und Selbstwirksamkeit stärken nicht nur unser Wohlbefinden, sondern wirken auch schlaffördernd. Kleine Veränderungen, wie Abendrituale, bewusstes Entspannen oder Powernapping, können eine große Wirkung entfalten. Schlafen Sie gut, für sich selbst, für Ihre Mitmenschen und für das Leben, das Sie aktiv gestalten möchten. Denn guter Schlaf ist ein stiller Verbündeter auf dem Weg zu mehr Sinn, Stärke und Lebensfreude.
„Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.
Hände, laßt von allem Tun
Stirn, vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.
Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.“
Quellenverzeichnis
[1] Piosczyk, H., Kloepfer, C., Riemann, D. & Nissen, C. (2009). Schlaf, Plastizität und Gedächtnis. In: Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg, Springer Medizin Verlag 2009, Somnologie-Schlafforschung und Schlafmedizin 1, DOI 10.1007/s11818-009-0404-x.
[2] Gerlinger, F. (2025). Die vier Schlafphasen: Was passiert, während wir schlafen? In: cerascreen.at,https://www.cerascreen.at/blogs/gesundheitsportal/schlafphasen?srsltid=AfmBOopehf0HE0xABhhLUt8cogLCjXKbq68VMOY36UFZLMX4TlbfX0y3 [Zuletzt aufgerufen: 22.06.2025, 10:57].
[3] gesundheit.gv.at (o.J.). Die Welt der Träume. In: https://www.gesundheit.gv.at/leben/psyche-seele/gesundheit/traeume.html [Zuletzt aufgerufen: 23.06.2025, 12:56].
[4] Heck, F. (2019). Eine Studie zeigt, warum Menschen mit Albräumen einen Vorteil haben. In: businessinsider.de, https://www.businessinsider.de/wissenschaft/studie-zeigt-warum-menschen-mit-albtraeumen-einen-vorteil-haben-2019-12/ [Zuletzt aufgerufen: 25.06.2025, 11:15].
[5] Hoppe, J. & Schredl, M. (2008). Schlafwandeln Wie kann ich damit umgehen? In: AG Traum der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM).
[6] Späth, D. (o.J.). Somniloquie: Sprechen im Schlaf? – Was tun? In: Betten Schlafmagazin, Medizin & Wissenschaft/Schlafen, https://www.betten.at/magazin/sprechen-im-schlaf.html?srsltid=AfmBOoqIlPzqlRUuQqsQviNE0zdw-H16wTU4drmbBUHXkGV8i7g_E8kp [Zuletzt aufgerufen: 27.06.2025, 09:15].
[7] Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin ( DGSM) e. V. (2021). Abstracts der 29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V. In: Somnologie 2021, 25 (Suppl 1):S1–S48, https://doi.org/10.1007/s11818-021-00328-2 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021.
[8] Stiftung Gesundheitswissen (o.J.). Schlaf: Warum wir ihn brauchen. In: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/koerper-wissen/schlaf-warum-wir-ihn-brauchen#:~:text=Ein%20erholsamer%20Schlaf%20ermöglicht%20es,und%20auf%20das%20Hormonsystem%20zugeschrieben. [Zuletzt aufgerufen: 29.06.2025, 09:16].
[9] Sleepscore.com (2021). Wie kann Schlaf den Stressabbau fördern? In: https://www.sleepscore.com/blog-de/so-frdert-schlaf-den-stressabbau/?lang=de [Zuletzt aufgerufen: 30.06.2025, 16:02].
[10] Križan, Z. (2024). Schlaf, Persönlichkeit und soziales Verhalten. In: Springer Verlag, Cham, Department of Psychiatry & Center for Sleep & Circadian Neurobiology, University of Pennsylvania, Philadelphia, PA, USA, Correspondence to Jennifer R. Goldschmied.
[11] tirolkliniken (2016). INFORMATIONEN ZUR SCHLAFHYGIENE. Medizinische Universität Innsbruck, CL-Vernetzungsbereich - Department für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.
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[14] Medizinische Universität Wien (2020). Optimistische Menschen schlafen besser. In: meduniwien.ac.at, https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detailseite/2020/news-im-juli-2020/optimistische-menschen-schlafen-besser/ [Zuletzt aufgerufen: 08.07.2025, 13:48].
[15] Klein, G. (2012). Selbstwirksam besser schlafen. In: Psychotherapie 1/12, Aus der Praxis, S.32-34.
[16] Pahl, K. (2025). Gesunder Schlaf stärkt deine Selbstwirksamkeit. In: https://katharinapahl.com/gesunder-schlaf-staerkt-deine-selbstwirksamkeit/ [Zuletzt aufgerufen: 08.07.2025, 14:08].
[17] TRAUM & SCHLAF (o.J.). So schläft die Welt. In: Billerbeck Schlafkultur seit 1921, https://billerbeck.shop/blog/so-schlaeft-die-welt/ [Zuletzt aufgerufen: 09.07.2025, 12:20].
[18] Baumgartner, M. (2020). Besser schlafen mit Dankbarkeit. In: DienstagsMail, https://www.livenet.ch/news/leben/377653-besser_schlafen_mit_dankbarkeit.html [Zuletzt aufgerufen: 10.07.2025, 09:09].
[19] nadaup (2025). Flow, Erfüllung und das Fundament des Schlafs: Die verborgene Verbindung zwischen Ruhe und Lebenssinn. In: ndaup.com, https://nadaup.com/de/artikel/flow-erfullung-und-das-fundament-des-schlafs-die-verborgene-verbindung-zwischen-ruhe-und-lebenssinn [Zuletzt aufgerufen: 10.07.2025, 09:33].
[20] Kirsch, D. (2023). Schlaflosigkeit mit Achtsamkeit begegnen. In: dfme-achtsamkeit.com, https://dfme-achtsamkeit.com/schlaflosigkeit/ [Zuletzt aufgerufen: 12.07.2025, 09:29].