Der Selbstwert: Ein Überblick mit Vertiefungsmöglichkeiten

Du Selbst, genauso wie jede andere Person im ganzen Universum, verdient deine Liebe und Zuneigung.

Gautama Buddha

Eines der ältesten und am meisten untersuchten Konstrukte in der Psychologie ist der Selbstwert. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts sprach William James, der Urvater der Psychologie im amerikanischen Raum, vom Selbstwert als „positive Selbsteinschätzung“. [1] In den 1980er Jahren begann in USA die Selbstwert-Bewegung (englisch: „self-esteem movement), die im Selbstwert ein Allheilmittel für sämtliche soziale und psychische Problem sah. Man erhoffte sich durch flächendeckende Initiativen im Land, v.a. in Schulen, den Selbstwert der Bevölkerung zu steigern. [2,3]

Diese Hoffnungen auf eine generelle Steigerung des Selbstwertes wurden nicht bestätigt, auch wenn Anfang der 2000er Jahre die Hälfte der High School Schüler Bestnoten erreichten. [4]

Kritische Stimmen – wie die des renommierten Selbstwertforschers Roy Baumeister – nahmen in dieser Zeit zu und forderten auf der Grundlage von neueren Studien ein differenzierteres Bild: weder ein extrem hoher noch ein extrem niedriger Selbstwert seien wünschenswert und hilfreich. [5]

Katze

So ist ein hoher Selbstwert zwar mit höherer Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden, und besseren sozialen Beziehungen verbunden, jedoch auch mit stärker ausgeprägten aggressiven bzw. antisozialem Verhaltensweisen: Menschen mit hohem Selbstwert sind auch egozentrischer, narzisstischer, und weniger empathisch [3,6] . Ein niedriger Selbstwert hingegen macht uns anfälliger für Belastungen bei negativen sozialen Bewertungen oder empfundenem Versagen, und gilt als Risikofaktor für Depressionen. [7]

Inzwischen glaubt man, dass neben dem Fokus auf die Valenz (hoch vs. niedrig) auch die Stabilität (sicher vs. fragil) des Selbstwertes beachtet werden sollte. Ein sicherer Selbstwert basiert auf realistischen Selbsteinschätzungen, während ein fragiler (unsicherer) Selbstwert überwiegend von Bewertungen von Mitmenschen abhängt. [3]

Je mehr Selbstwert desto besser, stimmt nicht unbedingt. Wichtiger als die Höhe, ist die Stabilität!

Um die Entwicklung eines sicheren Selbstwertes zu fördern, ist es sinnvoll sich auf die einzelnen Unteraspekte zu fokussieren. Ein sich im mittleren Bereich einpendelnder Selbstwert ist dann die Konsequenz der Verbesserung in den einzelnen Bereichen. Nach Hausler [8] besteht der Selbstwert aus vier gleichwertigen Komponenten.

Für jede Komponente gibt es in unserem Blog einen eigenen Artikel, der das jeweilige Thema im Detail erläutert und mittels konkreter Übungen eine spielerische Verbesserung anleitet.

Die vier Komponenten des Selbstwertes sind…

  1. Akzeptanz
    Dies umfasst eine positive Einstellung zu den eigenen Werten, Stärken, und Schwächen.
    HIER ERFAHREN SIE MEHR - „Selbstakzeptanz – Wie Sie ihre Stärken wertschätzen lernen“
  2. Vertrauen
    Dabei geht es um eine positive Einstellung zu den eigenen Fähigkeiten und Leistungen mit der Erwartung diese erfolgreich einsetzen zu können.
    HIER ERFAHREN SIE MEHR - „Selbstwirksamkeit – Wie Sie lernen Ihren Fähigkeiten zu vertrauen“
  3. Soziale Kompetenz und soziales Netz
    Dies umfasst die Art und Weise mit der wir uns in Kontakt zu uns Selbst und Anderen und im Konflikt erleben und verhalten, sowie unser Gefühl von Eingebundenheit in Beziehungen.
    HIER ERFAHREN SIE MEHR - „Gemeinsam glücklicher durch positive Kommunikation“
  4. Selbst-Mitgefühl und Fürsorge
    Hier geht es um einen wohlwollenden Umgang mit sich selbst, vor allem in schwierigen Situationen in denen man Unterstützung am Nötigsten hat.
    HIER ERFAHREN SIE MEHR - „Selbstmitgefühl – Wie Sie in sich einen guten Freund finden“


Ein mit dem Selbstwert verbundenes Thema ist der Perfektionismus. Dabei neigen Menschen mit niedrigem Selbstwert perfektionistisch zu sein, wobei sehr belastende Zyklen entstehen können. Unser Artikel „Perfektionismus mit Selbstmitgefühl überwinden nimmt Sie mit auf eine Reise in die Welt des Perfektionismus, erklärt ab wann Perfektionismus aus psychologischer Sicht problematisch ist, und wie man sich von ungesundem Perfektionismus lösen kann.

Wollen Sie noch tiefer einsteigen und die Entstehung des Selbstwertes verstehen? Dann können Sie im Artikel „Woraus entwickelt sich mein Selbstwert“ lesen, wie sich menschlicher Selbstwert in der Kindheit herausbildet und über die Lebensspanne als dynamischer Prozess verändert. Grundsätzlich treffen in der Entwicklung unseres Selbstwertes zwei widersprüchliche menschliche Grundbedürfnisse aufeinander – das Bedürfnis nach Bindung bzw. sozialen Beziehungen, und das Bedürfnis nach Autonomie und Selbstausdruck. Hierzu erfahren Sie in unserem Artikel „Bindung vs. Autonomie – ein Spagat zwischen zwei Grundbedürfnissen“ mehr.

Quellen

  1. James, W. The principles of psychology. (Harvard University Press, 1983).
  2. Mruk, C. J. Self-esteem research, theory, and practice: toward a positive psychology of self-esteem. (Springer Pub, 2006).
  3. Blickhan, D. Positive Psychologie – ein Handbuch für die Praxis. (2015).
  4. Sax, L. J. et al. The American Freshman National Norms for Fall 2004.
  5. Baumeister, R. F., Campbell, J. D., Krueger, J. I. & Vohs, K. D. Exploding the Self-Esteem Myth. Sci Am Mind 16, 50–57 (2005).
  6. Sedikides, C. Assessment, enhancement, and verification determinants of the self-evaluation process. Journal of Personality and Social Psychology 65, 317–338 (1993).
  7. Self-esteem. (Psychology Press, 2013).
  8. Hausler, M. Therapie-Tools Wohlbefindenstherapie: mit E-Book inside und Arbeitsmaterial. (Beltz, 2022).

David Berger

David studiert an der Universität in Innsbruck Psychologie im Bachelor. Sein vorheriges Studium in Molekularbiologie mit der damit einhergehenden präzisen Denkweise mischen sich mit einem großen Interessen an Buddhismus, Yoga, und weiteren Methoden der tiefen Selbsterfahrung. Er hofft diese Interessen in seiner zukünftigen Praxis in einer ganzheitlichen psychotherapeutischen Arbeit zu kombinieren.