Humor und Psychosoziale Gesundheit - Zum Potential einer lustigen Ressource

Humor als Kraftquelle für die Seele

Die Erforschung von Humor als Teil der Persönlichkeit und Charakterbildung ist in der psychologischen Wissenschaft aktueller denn je. Hierbei wurde erkannt, dass Humor positiven Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen nimmt.

Menschen mit ausgeprägtem Humor begegnen Herausforderungen oftmals mit mehr Gelassenheit, fördern zwischenmenschliche Beziehungen und stärken ihre eigene Widerstandsfähigkeit [1]. Aus psychologischer Sicht spielt Humor somit eine zentrale Rolle in der Emotionsregulation und im Umgang mit Stress. Studien zeigen, dass Menschen mit einem starken Sinn für Humor schwierige Situationen besser bewältigen können, da sie diese gedanklich neu interpretieren und emotional entschärfen [2]. Besonders selbstironischer Humor wird mit einer höheren Lebenszufriedenheit sowie einer besseren mentalen Gesundheit in Verbindung gebracht [3]. Dies ist nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass Humor es ermöglicht, einen Abstand zwischen Mensch und Problem zu schaffen und so neue Blickwinkel eröffnet werden können, die innovative Lösungsansätze zulassen.

Selbstironie und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können, steigert die Lebenszufriedenheit. [3]

Auswirkungen von Humor auf die Gesundheit

Auch auf sozialer Ebene entfaltet Humor positive Wirkungen. Er erleichtert zwischenmenschliche Interaktionen, stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und kann Spannungen innerhalb von Gruppen abbauen [4]. Dies scheint gerade im Bereich der Teamarbeit, jedoch eben auch in der Führungsebene in Organisationen von zentraler Bedeutung zu sein, um Gruppen effektiv leiten zu können.

Entscheidend ist jedoch die Art des Humors: Während wohlwollender, verbindender Humor als sympathisch wahrgenommen wird, können zynische oder sarkastische Bemerkungen Beziehungen belasten und zu Missverständnissen führen [5]. Dies zeigt auf, dass nicht jede Art von Humor als verbindend erlebt wird und es gerade im beruflichen Kontext Fingerspitzengefühl erfordert, eine achtsame Humorkultur am Arbeitsplatz etablieren zu können.

Auch neurobiologisch betrachtet ist Humor ein komplexer Prozess, der verschiedene Gehirnregionen einbindet und Vorteile für das menschliche Individuum bietet. Insbesondere das präfrontale Kortex, der für komplexes Denken und soziale Interaktion verantwortlich ist, sowie das limbische System, das mit Emotionen und Belohnung verbunden ist, spielen eine entscheidende Rolle [6]. Beim Erleben von Humor werden vermehrt Neurotransmitter wie Dopamin ausgeschüttet, was mit positiven Emotionen und einer verbesserten Stimmung einhergeht.

Diese neuronalen Mechanismen erklären, warum Humor als effektives Mittel zur Stressbewältigung und zur Förderung des Wohlbefindens gilt. Ist man sich dieser Vorteile bewusst, führt das bewusste Lachen sowie eine humorvolle Weltanschauung unweigerlich auch zu vermehrten Glücksgefühlen und daraus resultierend zu einer positiveren Lebenseinstellung.

Ein neurobiologischer Aspekt von Humor ist seine Verbindung zu Belohnungssystemen im Gehirn. Humor aktiviert unter anderem den präfrontalen Kortex, das limbische System und insbesondere das Belohnungszentrum, welches mit einer vermehrten Ausschüttung von Dopamin reagiert. Dies führt zu positiven Emotionen und kann langfristig Stress reduzieren sowie das Wohlbefinden steigert [4].

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Mentale Stärke durch humorvolles Denken

Humor spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Stress und belastenden Lebensereignissen. Zahlreiche Studien belegen, dass Individuen mit einer ausgeprägten Humororientierung resilient gegenüber negativen Emotionen sind.

Besonders der selbstaufbauende Humor, bei dem Menschen eine humorvolle Perspektive auf eigene Herausforderungen einnehmen, fördert die psychische Stabilität. Die humorvolle Neuinterpretation und Umdeutung von (zunächst) als bedrohlich empfundenen Situationen stellt eine der wichtigsten Strategien dar, um Humor als gewinnbringende psychische Ressource zu nutzen

Ein klassisches Beispiel für diese Umdeutung stellt bspw. das Ausrutschen auf einer Bananenschale dar. Das anfänglich negativ empfundene Missgeschick, durch eine Bananenschale über die eigenen Beine gestolpert zu sein und nun die Welt vom Boden aus betrachten zu müssen, kann (unter der Voraussetzung körperlicher Unversehrtheit) durch das Lachen und eine humorvolle Perspektive als amüsant, erleichternd und heiter betrachtet werden [7]. Diese Umdeutung und die Möglichkeit, Geschehnisse unter neuen Blickwinkeln und mit einem Lächeln wahrnehmen zu können, kann somit auch dazu beitragen, schneller Lösungsansätze für bestehende Probleme entwickeln zu können, da die humorvolle Betrachtungsweise eine Distanzierung zur problembehafteten Situation zulässt. Somit fungiert Humor als Bewältigungsstrategie, die es erlaubt, mit stressigen Situationen souverän umgehen zu können.

Studien zeigen zudem auf, dass Humor im Umgang mit dem subjektiv empfundenen Schmerzempfinden dient und dieses durch den Einsatz von Humor als geringer empfunden wird. Der tatsächliche Schmerz scheint unverändert zu sein, jedoch wird die Schmerztoleranz durch den Einsatz von Humor bei den Befragten als deutlich geringer erlebt [8]. Diese Erkenntnisse können dazu beitragen, humorvolle Ressourcen insbesondere im Gesundheitswesen zu integrieren, um das allgemeine Stressempfinden von Patientinnen und Patienten geringer zu halten.

Humor scheint zudem eine präventive gesundheitliche Funktion einzunehmen. So konnte bspw. aufgezeigt werden, dass das Lachen zur Stärkung des Immunsystems beiträgt. Darüber hinaus kann es den Blutdruck senken und die kardiovaskuläre Gesundheit unterstützen. Chronischer Stress, der als Hauptrisikofaktor für zahlreiche Erkrankungen gilt, kann durch regelmäßiges Lachen wirksam reduziert werden [9].

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse können somit bereits kleine Maßnahmen initiiert werden, um das eigene Humorempfinden und die Möglichkeit des Perspektivenwechsels im Alltag wahrnehmen zu können:

  • Aufmerksames Zuhören und Offenheit für verschiedene Lösungsstrategien in kommunikativen Situationen.
  • Integration von als humorvoll empfundenen Medien, bspw. Videos, Literatur, etc.
  • Besuch von Seminaren und Workshops, die sich mit dem Thema Lachen befassen (bspw. Lachyoga oder eigenen Lachseminaren)
  • Allgemeine Strategien zur Entspannung, um das eigene Stressempfinden zu verringern, um Offenheit für Humor zu ermöglichen (bspw. durch Autogenes Training, Pilates, Yoga, Meditation, etc.) .

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Etablierung von Humor in der Psychotherapie

Denkt man an die Behandlung psychosomatischer Erkrankungen, so verbindet man die psychotherapeutische Gesprächsführung wohl zunächst mit Humor. Krisenhafte emotionale Themen, die innerhalb der therapeutischen Maßnahmen thematisiert werden, scheinen wenig Raum für Humor zu lassen. Die Etablierung von Humor in der Psychotherapie gewann in den letzten Jahrzehnten jedoch zunehmende Bedeutung in der Wissenschaft. Sein gezielter Einsatz kann therapeutische Prozesse fördern und zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens beitragen. Dieser Artikel beleuchtet die Entwicklung, Anwendung und Wirkung von Humor in der Psychotherapie unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse und thematisiert, wie die Ressource Humor im psychotherapeutischen Alltag effizient integriert werden kann.

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Humor in der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT)

In der Kognitiven Verhaltenstherapie kann Humor ebenfalls gezielt eingesetzt werden, um dysfunktionale Gedankenmuster zu hinterfragen und alternative Sichtweisen zu fördern. Durch humorvolle Reframing-Techniken können Patienten lernen, ihre automatischen negativen Gedanken auf eine weniger belastende Weise zu interpretieren. Studien zeigen, dass humorbasierte Interventionen in der KVT das emotionale Wohlbefinden verbessern und die Resilienz gegenüber Stress erhöhen [10]. Somit wird eine Technik angewendet, die bisherige Denkmuster neu überdenkt und humorvoll von einer anderen Seite betrachtet. Dieser Perspektivenwechsel scheint maßgeblich daran beteiligt zu sein, dass Humor als Ressource im therapeutischen Kontext gelingen kann.

Techniken des Humors in der Kognitiven Verhaltenstherapie beinhalten:

  • Reframing mit Humor: Negative Gedankenmuster werden durch humorvolle Neuinterpretationen entschärft.
  • Übertriebene Konfrontation: Dysfunktionale Denkmuster werden auf eine übertriebene, humorvolle Weise gespiegelt, um neue Sichtweisen zu ermöglichen.
  • Paradoxe Interventionen: Patienten werden aufgefordert, negative Gedanken bewusst zu übertreiben, was oft zu einem Perspektivenwechsel führt.

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Fazit - Was Humor für die Gesundheit bringt

Zusammenfassend zeigt sich, dass Humor eine Charaktereigenschaft darstellt, die sowohl das persönliche Wohlbefinden als auch das soziale Miteinander positiv beeinflusst. Wer über sich selbst lachen und schwierige Situationen mit einem Augenzwinkern betrachten kann, profitiert psychisch als auch physisch. Dies lässt daraus schließen, dass eine humorvolle Weltanschauung auch mit einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens einhergeht.

Humorvolle Kommunikation birgt ein gewisses Risiko des Missverständnisses, was gerade in der psychotherapeutischen Gesprächsführung Folgen haben kann. Ein achtsamer Umgang, der einen aufmerksamen und wertschätzenden Austausch ermöglicht, ist die Basis dafür, um Humor im psychotherapeutischen Kontext überhaupt erst anwenden zu können. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit humorvolle Elemente des Therapeuten auch beim Klienten als solche wahrgenommen werden und in welcher Situation humorvolle Elemente eingesetzt werden.

Der Einsatz von Humor im psychotherapeutischen Kontext ist dann möglich, wenn bereits eine achtsame Beziehung besteht, die den Einsatz gezielter humorvoller Maßnahmen auch zulässt. Insofern stellt Humor ein zusätzliches unterstützendes Mittel dar, die psychotherapeutische Gesprächskultur sowie bestehende Denkmuster zu lockern, Entspannung zu ermöglichen und den Klienten einzuladen, in neuer Weise bestehende Ansichten und Denkweisen betrachten zu können.

Literaturverzeichnis:

[1] Martin, R. A. (2007). The Psychology of Humor: An Integrative Approach. Elsevier.

[2] Lefcourt, H. M., & Martin, R. A. (1986). Humor and Life Stress: Antidote to Adversity. Springer.

[3] Ruch, W., Proyer, R. T., & Weber, M. (2010). Humor as a character strength among the elderly. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 43(1), 13–18.

[4] Lippman, L. G., & Dunn, J. R. (2000). Contextual determinants of humor appreciation. The Journal of General Psychology, 127(2), 178–192.

[5] Martin, R. A., Puhlik-Doris, P., Larsen, G., Gray, J., & Weir, K. (2003). Individual differences in uses of humor and their relation to psychological well-being. Journal of Research in Personality, 37(1), 48–75.

[6] Vrticka, P., Black, J. M., & Reiss, A. L. (2013). The neural basis of humor processing. Nature Reviews Neuroscience, 14(12), 860–868.

[7] Fischer, F., & Pfeifer, C. (2024). Humor: Ein ernstzunehmender Gesundheitsfaktor. Grundlagen und Forschung für den praktischen Einsatz. Göttingen: Hogrefe.

[8] Hirsch, R. D. (2019). Das Humor-Buch. Die Kunst des Perspektivenwechsels in Theorie und Praxis. Stuttgart: Schattauer.

[9] Falkenberg, I., McGhee, P., & Wild, B. (2012). Humorfähigkeiten trainieren. Manual für psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis. Stuttgart: Schattauer.

[10] Brown, P., & Peterson, K. (2021). Humor in Psychotherapy: Is It Good or Bad for the Client? International Journal of Mental Health Studies.


Magdalena Wögerer

Maggie studierte Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Kommunikationspsychologie und Organisationskommunikation. Ihre Master-Arbeit befasst sich mit dem Thema „Zur Bedeutung von Humor in der internen Unternehmenskommunikation“. Aktuell ist sie als Trainerin für interkulturelle Kommunikation in Asien, den USA und in Europa tätig und teilt ihr Wissen in Workshops sowie Seminaren weltweit. Ihr großes Interessensgebiet gehört der Humorforschung sowie dem Themenfeld der interkulturellen Kommunikation.