Darf Arbeit lustig sein?

„Der Begriff "Humor" hat sich als Fachbegriff etabliert und soll alles umfassen, was als lustig, amüsant oder zum Lachen empfunden werden kann.“

Attardo, Eisterhold, Hay & Poggi, 2003

Humor in der Arbeitswelt?

„Wir sind jetzt lustig!" - Humor ist mehr als Witze erzählen

„Kennst du denn schon?“ - Ein flacher Witz, eine gehässige Bemerkung oder ein sarkastischer Kommentar - die Bandbreite an Aussagen, die schnell als Humor klassifiziert werden, ist groß. Doch ein guter Witzeerzähler im Büro muss noch lange kein humorvoller Mensch sein. Humor ist viel mehr als der Versuch, „komisch“ zu sein: Es ist eine individuelle Wesenshaltung, die den ganzen Menschen in seinem Sein ausmacht. Eine Betrachtung der Welt, die es ermöglicht, krisenhafte Situationen mit einem Augenzwinkern zu sehen.

Gerade im Arbeitskontext kann uns diese Fähigkeit zugutekommen: Wie oft stapeln sich innerhalb eines Tages Ereignisse, die wir am Ende des Tages als „Pechtag“ klassifizieren? Man denke an das Stück Klopapier, welches bereits der ein oder andere von uns unbemerkt an der Schuhsohle mit sich trug und dann während des Geschäftstreffens mit Scham entdeckte (möglicherweise sogar noch angesprochen von Kolleg:innen). Während viele von uns im Erdboden versinken würden, reagiert der humorvolle Mensch souverän auf die Situation und bezeichnet das Klopapier bspw. als „neuen Modetrend“, bevor es lachend entfernt wird. Der wahre humorvolle Mensch ist in der Lage, sich durch das Lachen und dem Nutzen dieser Ressource von seiner Unvollkommenheit zu distanzieren und so gegebenenfalls einen neuen Blickwinkel auf das Problem zu erhalten. Auch in alltäglichen ernsthaften Situationen, wie bspw. ein unfreundliches Kund:innengespräch, eine Auseinandersetzung mit Kolleg:innen sowie eine missglückte Präsentation können durch den Blickwinkel von Humor als weniger dramatisch erlebt werden, ohne dabei die Ernsthaftigkeit der Situation aus den Augen zu verlieren.

Durch das subjektive Empfinden von Humor sind jedoch auch Grenzen gesetzt: Aufgrund starrer Regeln am Arbeitsplatz, strenger Anforderungen an Mitarbeiter:innen sowie Bestreben, Autorität nicht zu verlieren, kommt diese Ressource insbesondere im Arbeitsalltag oft zu kurz. Den Menschen als Mitglied der Disziplinargesellschaft beschrieb schon der französische Philosoph Michel Foucault in zahlreichen Werken, bspw. in seinem vieldiskutierten Werk „Überwachen und Strafen“. Das funktionale Handeln, um als Arbeitskraft innerhalb dieser Gesellschaft funktionieren und leisten zu können, steht hierbei im Fokus. Widersetzt man sich den Regeln dieser, drohen Strafen. Humor als Bestandteil einer gesunden Firmenkultur zu etablieren, scheint nach wie vor für vielerlei Unternehmen ein Tabu zu sein, um Seriosität nicht in Frage zu stellen.

Dabei ist das Bedürfnis, Humor am Arbeitsplatz zu empfinden, mehr denn je gegeben. Fast jede zweite Person in Österreich wünscht sich mehr Humor im Berufsleben, ergab eine repräsentative Umfrage des Online Research Instituts Marketagent im Jahr 2022 [6] . Professionalisierte Humorkultur findet sich bspw. auch bei Satiren oder Mitarbeiter:innen-Kabaretts [3] .

Jenny Karpawitz und Udo Berenbrinker führen in ihrem Werk „Humor-Kompetenz: Clowneske Strategien in der Mitarbeiterführung“(2012) an, dass die Identifikation mit dem Unternehmen vor allen Dingen durch das vorherrschende Arbeitsklima beeinflusst wird und das Potential der Mitarbeitenden sowie deren kreative Ideen verloren gehen, wenn das Betriebsklima von unsicherem und ängstlichem Verhalten geprägt ist. So stellen bspw. einfach erzählte, rhetorische Witze über das Unternehmen oder Cartoons in der Mitarbeiter:innenzeitung bereits Formen der humorvollen Betrachtungsweise eines Unternehmens dar [2] .

Humor am Arbeitsplatz schafft Gemeinschaft.

Das Büro als Ort der Heiterkeit? – Warum Humor am Arbeitsplatz nicht immer gerne gesehen ist

Dort, wo wirtschaftliche Erfolge erzielt werden sollen, herrscht meist Ernsthaftigkeit. Humorvolle Kommunikation birgt das Risiko in sich, als unseriös und zu unterhaltsam gesehen zu werden. Der Mensch ist mit seiner Existenzabsicherung beschäftigt und das Erreichen wirtschaftlicher Ziele steht während der Arbeit im Vordergrund. Dies ist wohl der Hauptgrund, weswegen die Etablierung einer gesunden Humorkultur innerhalb von Unternehmen oft eine untergeordnete Rolle einnimmt.

Die größte Herausforderung in der Etablierung einer gesunden Humorkultur innerhalb einer Organisation ist es zudem, neben eventuell bestehenden hierarchischen Strukturen auch soziokulturelle Faktoren zu berücksichtigen, die eine offene und nichtdiskriminierende Humorkultur innerhalb von (insbesondere internationalen) Organisationen überhaupt erst ermöglichen, sodass sich alle Beteiligten innerhalb eines Unternehmens nach wie vor sicher aufgehoben fühlen. Das gemeinsame Lachen über eine Sache beinhaltet, dass sich die Beteiligten in ihrer Kommunikation begegnen und über einen ähnlichen gemeinsamen Sinnhorizont verfügen, der den Humor zwischen den Menschen überhaupt erst entstehen lassen kann. Dies erfordert Feingefühl, Empathie und kann – schnell und unbedacht eingesetzt – schnell zu Missverständnissen und Konflikten führen.

Gerade Humor am Arbeitsplatz unterliegt - wie auch andere Aspekte der Arbeitskommunikation - Spielregeln, die alle Beteiligten innerhalb des Unternehmens zunächst kennen sollten. Anderenfalls werden "Späße" schnell zum Anstoß für konflikthafte Auseinandersetzungen, was zu Spannungen führen kann. Der Aufbau und die Pflege einer wechselseitigen Kommunikationskultur, insbesondere abseits von Arbeitsthemen, kann daher als erster Schritt gelten, um eine entspannte Kommunikationskultur im Unternehmen zu etablieren.

Der Arbeitsplatz als seriöser Ort der Ernsthaftigkeit scheint nicht unmittelbar mit der Möglichkeit einherzugehen, Humor als kommunikative Ressource zu integrieren. Hier obliegt es insbesondere der Führungskraft, ein Klima der Wertschätzung zu schaffen, das es ermöglicht, auch unter Anwesenheit der Führungsebene gemeinsam lachen zu können. Lachen verbindet, schafft Nähe und zeigt Gemeinsamkeiten auf, auch auf unterschiedlicher hierarchischer Ebene. Dies scheint jedoch erst möglich zu sein, wenn die kommunikativen Rahmenbedingungen innerhalb des Arbeitsplatzes für alle Beteiligten des Unternehmens klar definiert sind.

Andererseits gibt es bereits Beispiele, die einen gegenteiligen Trend erkennen lassen. Das kanadische Versicherungsunternehmen Rogers Insurance entwickelte beispielsweise eine eigene Humorkultur innerhalb ihres Unternehmens mit der Position eines „Humorbeauftragten“, der für die Umsetzung lustiger Maßnahmen (gemeinsame Aktivitäten, lustige Unterhaltungselemente, etc.) verantwortlich war. Die Firmenkultur wurde von humorvollen Elementen geprägt, was sich in sozialen Veranstaltungen und kreativen Ideen äußerte, um Mitarbeiter:innen zusammenzubringen und den Sinn für Humor innerhalb des Unternehmens stärken zu wollen.

Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, wie die gezielte Etablierung humorvoller Elemente den Arbeitsalltag eines Unternehmens beleben kann.

„Lachen Sie, verdammt!“ – Strategischen Humor im Unternehmen etablieren?

Es stellt sich natürlich die Frage, ob gezielte Aktivitäten zur Etablierung einer gemeinsamen Humorkultur in Unternehmen sinnvoll sind. Doch sollten Unternehmen auch von einem sozialökonomischen Standpunkt bedenken, dass der Einsatz von Humor und das gemeinsame Lachen Verbundenheit schafft und somit auch das Gemeinschaftsgefühl innerhalb einer Organisation gestärkt werden kann. Sicherlich sollte niemand zum Lachen „gezwungen“ werden und es gerade innerhalb der Arbeitsstelle die Möglichkeit geben, bewusst initiierten humorvollen Aktivitäten mitzuwirken.

Durch die bewusste Intention, die Mitglieder eines Unternehmens zum gemeinsamen Lachen zu animieren, kann auch die Kommunikation innerhalb des Teams gefördert werden. Humor nimmt somit auch eine gesundheitsfördernde Rolle ein, die am Ende des Tages auch den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zugutekommen kann. Die Angst, Autorität durch humorvolle Maßnahmen zu verlieren, scheint unbegründet. Vielmehr scheint die Förderung von humorvoller Kommunikation am Arbeitsplatz auch eine Chance für Arbeitgeber:innen zu sein, Firmenkommunikation zu leben und Mitarbeitende durch das daraus resultierende Wohlbefinden langfristig für sich gewinnen zu können.

„Mitarbeiter reagieren auf humorvolle Interventionen wie beim Krafttraining im Fitnessstudio: Da gibt es zu leichte, schwere und für den aktuellen Anlass passende Gewichte.[…] Wenn Sie genau passen und so genau den richtigen Anreiz für Verbesserung und Wachstum bieten, fördern sie Motivation und Fähigkeiten des Mitarbeiters bestens.“

von Hertel 2013, S. 186 [4]

Humor am Arbeitsplatz ist eine wertvolle Ressource, die trotz akribischer Planung nicht künstlich erzeugt werden kann. Sie ist vielmehr als Resultat einer bereits etablierten und gelungenen Firmenkommunikation zu verstehen, in der es für Mitarbeitende möglich ist, durch humorvolle Elemente zu entspannen, sich auszutauschen und somit wiederum mit neuer Energie die Herausforderungen des Arbeitsalltags meistern zu können. Sind sich Unternehmen dieser Ressource bewusst, können humorvolle Maßnahmen dazu beitragen, das Wohlbefinden am Arbeitsplatz und somit auch die Mitarbeiter:innenzufriedenheit zu stärken.

Etablierung von Humor im Unternehmen – Mögliche Ansätze für Führungskräfte

Die „lustige“ Autorität?

Führungskräfte sorgen sich oftmals darüber, dass der Einsatz von Humor die eigene Autorität in Frage stellt. Bei der Etablierung einer gelungenen Humorkultur im Unternehmen geht es jedoch vielmehr darum, ein allgemeines Verständnis von Humor im Unternehmen zu etablieren und diesen als fördernde mentale Ressource zu etablieren, ohne die Ernsthaftigkeit des Unternehmens in Frage zu stellen. Führungskräfte sollten sich durch die Etablierung einer Humorkultur im Unternehmen bewusst sein, dass diese (wohldosierte) Ressource eine aktivierende Funktion zur Kommunikation mit sich bringt und somit auch die Kommunikation innerhalb des Unternehmens fördern kann. Ist Führungskräften dies bewusst, müssen sie nicht um einen Verlust der Autorität in ihrer Führungsrolle fürchten.

Kommunikation und Arbeitsatmosphäre

Eine gelungene Kommunikation innerhalb des Unternehmens, in der sich Mitarbeitende ernstgenommen fühlen, ist auch der Schlüssel für die Etablierung einer gelungenen Humorkultur im Unternehmen. Dort, wo über ernste Dinge gesprochen werden kann, entsteht Vertrauen, was gerade für die Etablierung einer Humorkultur im Unternehmen bedeutsam ist. Regelmäßige Besprechungen, wechselseitige Gespräche und ein sozialer Austausch sind erste Ansätze, um das Gesprächsklima im Unternehmen zu fördern und die Weichen für eine etablierte Humorkultur zu stellen.

Zeit für Humor

Pausen bieten sich optimal dafür an, Mitarbeiter:innen durch humorvolle Elemente zu entlasten und dies durch humorvolle Ressourcen zu fördern. Dies kann bspw. durch lustige Magazine im Pausenraum, Videos oder auch kleinen Email-Aktionen, in denen Mitarbeitende selbst humorvoll agieren dürfen, gefördert werden.

Eine gemeinsame Sprache finden

Kleine Maßnahmen setzen: Humor entsteht insbesondere dann, wenn es nicht um den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens geht. Besprechungen, Treffen und außerbetriebliche Veranstaltungen bieten sich daher umso mehr an, um die Kommunikation im Unternehmen aufleben zu lassen, den Humor der Mitarbeiter:innen kennenzulernen und diesen auch im Arbeitsalltag aufgreifen zu können.

Insbesondere in multikulturellen Unternehmen ist zu beachten, dass die Bedeutung von Humor sehr differenziert wahrgenommen werden kann und möglicherweise über gänzlich andere Dinge gelacht wird.

Etablierung von Humor im Unternehmen - Mögliche Ansätze für Führungskräfte

Eine Humorkultur im Unternehmen etablieren

  • Kommunikation ist der Schlüssel: Treffen, Besprechungen, soziale Veranstaltungen lassen auch Humor im Unternehmen wachsen, da ein regelmäßiger kommunikative Austausch entsteht und so ein gemeinsamer Rahmen für Humor entsteht. Wo kommuniziert wird, entsteht Humor.
  • Weniger ist mehr: Führungskräfte können bereits kleine Akzente schaffen, die die Etablierung von Humor im Unternehmen ermöglichen (bspw. Bereitstellung humorvoller Elemente wie Magazine, Videos, etc.).
  • Zeiten für Humor schaffen: Wann ist Zeit zum Lachen? Die Führungskraft kann den Prozess einer Humorkultur im Unternehmen fördern. So können feste Zeiten fixiert werden, in denen unterhaltsame Gespräche stattfinden und in denen auch über unterhaltsame Aspekte gesprochen wird.
  • Gezielte Interventionen setzen: Eine lustige Herausforderung oder ein kreativer Wettbewerb: Die Führungskraft kann durch kreative Maßnahmen gezielt humorvolle Momente in der Firmenkultur etablieren und diese aktiv fördern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei der Etablierung einer Humorkultur im Unternehmen nicht darum geht, das Büro zu einer komödiantischen Veranstaltung zu verwandeln. Vielmehr geht es darum, durch kleine Aktionen, die das autoritäre Gefüge eines Unternehmens oftmals kennzeichnen, die Kommunikation zu entspannen und somit zu neuen Denkanstößen verhelfen zu können, die sowohl das Gemeinschaftsgefühl und die Zusammenarbeit als auch letztlich den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens durch eine steigernde Mitarbeiter:innenzufriedenheit stärken können.

Quellen:

[1] Attardo, S., Eisterhold, J., Hay, J., & Poggi, I. (2003). Multimodal markers of irony and sarcasm. HUMOR: International Journal of Humor Studies, 16(2), 243–260.

[2] Berenbrinker, U., & Karpawitz, J. (2012). Humor-Kompetenz: Clowneske Strategien in der Mitarbeiterführung. In H. Bachmair (Ed.), Machen macht stark: Humorstrategien (pp. xxx-xxx). Wallstein Verlag.

[3] Erlach, C., & Reisach, U. (2011). Kritik mit Humor: Wie offene Kommunikation im Unternehmen gelingen kann. Wissensmanagement, Ausgabe 06-2011.

[4] von Hertl, A. (2013). Professionelle Konfliktlösung: Führen mit Mediationskompetenz (3rd ed.). Frankfurt am Main: Campus Verlag GmbH.

[5] Nill-Theobald, C. (2013). Burn-on statt Burn-out: Erfolgreiches Weiterbrennen durch Humor. In S. Asgodom (Ed.), Die besten Ideen für mehr Humor: Erfolgreiche Speaker verraten ihre besten Konzepte und geben Impulse für die Praxis (pp. 177–187). Offenbach: GABAL Verlag.

[6] Online Research Institute Marketagent. (n.d.). Humor-Report 2022 [Survey report]. Happy&Ness GmbH and LSZ GmbH. Retrieved from https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220328_OTS0022/humor-report-2022-anhaenge


Magdalena Wögerer

Maggie studierte Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Kommunikationspsychologie und Organisationskommunikation. Ihre Master-Arbeit befasst sich mit dem Thema „Zur Bedeutung von Humor in der internen Unternehmenskommunikation“. Aktuell ist sie als Trainerin für interkulturelle Kommunikation in Asien, den USA und in Europa tätig und teilt ihr Wissen in Workshops sowie Seminaren weltweit. Ihr großes Interessensgebiet gehört der Humorforschung sowie dem Themenfeld der interkulturellen Kommunikation.